Apokalypse: Wie spiegel-online jetzt Leser zurückerobern will
Eva Herman
Zugegeben, es hat sich in letzter Zeit schon einiges in Sachen Berichterstattung der Mainstream-Medien geändert. Sie können einfach nicht mehr weitermachen wie bisher, denn in Scharen laufen ihnen Nutzer, Leser, Zuschauer, davon. Doch was ist das jetzt? Eine »schauerliche Verschwörungs-Story« vom nahenden Weltuntergang offerierte uns die zum deutschen »Nachrichtenmagazin« Spiegel gehörende Internetplattform spiegel-online gestern.
Die deutschen »Qualitätsjournalisten« scheinen wirklich langsam zu verzweifeln. Wie sollen sie noch Quote machen? Mit der herkömmlichen »wissenden« Überheblichkeit gelingt es nicht mehr, die Leute zu halten. Während sie vor Kurzem noch alle möglichen tatsächlich drohenden Gefahren, beispielsweise vom anstehenden globalen Zusammenbruch des Finanzsystems, gerne als »Verschwörungstheorie«, gar als »Nazivokabular« bezeichneten, die von alternativen Medien und unabhängigen Instituten immer wieder veröffentlicht werden, scheinen sie jetzt todesmutig nach einem letzten Rettungsring zu greifen, um ihre wieder einmal dramatisch gesunkenen Auflagen irgendwie zu halten.
Weltuntergang jetzt kein »krudes Märchen« mehr
Frei nach dem Motto: Jetzt oder nie veröffentlichte spiegel-online am gestrigen Dienstag, den 24.01.2017, eine abenteuerlich klingende Geschichte unter der Headline: »Apokalypse: So bereiten sich Superreiche auf das Ende der Welt vor«. Der manager-magazin-de-Redakteur Christoph Rottwilm greift hier einen aktuellen Artikel des US-Magazins New Yorker auf, und plötzlich sind der Zusammenbruch der Zivilisation, Chemiewaffenangriffe im großen Stil sowie Gefahren von globalen Volksaufständen offenbar keine »kruden Märchen« mehr, sondern knallharte Realität.
Rottwilm schreibt wörtlich: »Zwei Hektar Land im Nordpazifik und ein stets vollgetankter Hubschrauber: Im Silicon Valley treffen laut »New Yorker« immer mehr Superreiche Vorkehrungen für den Fall, dass die Zivilisation zusammenbricht«. Und dann zitiert er den schon vom New Yorker zitierten Steve Huffman, einem »von offensichtlich immer mehr vermögenden Unternehmern und Top-Managern vornehmlich aus der IT- und Finanzindustrie, die sich sehr konkret und mit viel Aufwand auf eine Art Weltuntergang vorbereiten«.
Alternative Denker warnen schon lange
Das beschriebene Szenario lautet (natürlich nicht zu unrecht): Lieber viel zu früh als nur einen Tag zu spät! Der Mainstream-Journalist schreibt hier nichts anderes als das, wovor schon beispielsweise Andreas Popp und Rico Albrecht von der Wissensmanufaktur seit vielen Jahren warnen, wenn sie vom Euro-Zusammenbruch, von nahe bevorstehenden Eskalationen des globalisierten Wirtschafts- Finanz-und Gesellschaftssystems, in ihren Büchern, Vorträgen und Aufsätzen sprechen. Zahlreiche unabhängige Journalisten, unter anderem vom KOPP-Verlag, tun dies schon lange. Aber diese mahnenden Stimmen wurden bislang niedergemacht und abgewatscht vom Mainstream, als »krude Verschwörungstheoretiker«, als »Nationalisten«, als »rechtsgerichtet« usw.
Nein, diese einsamen Rufer in der Wüste würde Herr Rottwilm vom manager-magazin und von Spon wohl auch heute nicht in seiner Mainstream-Atmosphäre zitieren, auch wenn sie exakt das gleiche äußern wie der Kollege des New Yorker, der über die transatlantische Brücke herüber spazierte mit derartigen, leider durchaus berechtigten, apokalyptischen Horrorszenarien. Da sind einfach noch zu viele Barrieren im Kopf.
Wohlgemerkt: Das hier genannte Thema birgt viele Möglichkeiten der tatsächlich zu erwartenden weltweiten Unruhen. Doch wer hätte je gedacht, dass sich die politisch korrekten »Systemschreiber« derartige Inhalte zu eigen machen würden im letzten Überlebenstaumel ihrer eigenen Existenz? So übernimmt Rottwilm denn auch vorbehaltlos und völlig kritiklos das, was da drüben entworfen und niedergeschrieben wurde, wiederholt es fast wortgetreu, und bezieht sich in vollem Ernst auf den Artikel des US-Kollegen:
»Demnach sorgt die gewaltige globale Ungleichverteilung von Vermögen, wie sie immer wieder angeprangert wird, inzwischen längst nicht mehr nur bei jenen für Unmut, die materiell eher weniger abbekommen haben. Vielmehr machen sich offenbar Milliardäre und Millionäre rund um den Globus zunehmend Sorgen, dass sich die Spannungen zwischen ihnen und dem ärmeren, zahlenmäßig aber weitaus größeren Teil der Bevölkerung irgendwann entladen könnten«.
Für Mainstream-Journalisten Neuland: Die bevorstehende Apokalypse
Noch einmal: Das sind keine Neuigkeiten. Und wer rechtzeitig die Zeichen der Zeit erkennt, wer Augen und Ohren öffnet und sich vorzubereiten beginnt auf die zu erwartenden Ereignisse, hat schon seit Jahren zweifellos die Nase vorn.
Der deutsche Redakteur resümmiert denn auch mit offenbar wonnevollem Schauer die neue Realität: »Das Ergebnis könnte ein Volksaufstand sein, eine Revolution wie einst in Russland, was auch immer. So viel steht für viele Superreiche jedenfalls offensichtlich fest: Wer im Moment des großen Knalls nicht richtig vorbereitet ist, guckt in die Röhre«.
Da die Beispiele des US-Kollegen über die Vorbereitungen einiger wohlhabender Leute auf den Ernstfall, die Rottwilm abgeschrieben hat, nicht unspannend sind, sollen hier einige kurz erwähnt werden. Da heißt es u.a.:
»Reddit« -Chef Huffman besitzt eigenen Worten zufolge einige Motorräder (weil, wie jeder weiß, im Falle des Weltuntergangs als erstes die Straßen verstopfen), eine Reihe von Waffen und Munition sowie Lebensmittel“, womit der Mann eine Zeit lang in seinem Haus überleben will.
»Antonio García Martínez, 40, und Ex-Facebook-Manager, kaufte sich laut »New Yorker« zwei Hektar Land auf einer Insel im Nordpazifik.« Dieser wolle, im Falle eines ernsthaften Szenarios, mit einer »lokalen Miliz« dem wütenden Mob sich stellen.
Und dann sei da noch: »Der Investmentprofi, auf den stets ein vollgetankter Hubschrauber wartet, der Venture-Capital-Manager, der als Fluchtort gleich mehrere Immobilien im Ausland erwarb (daheim stehen stets die gepackten Taschen bereit, für die gesamte Familie samt vierjähriger Tochter), oder der Ex-Yahoo-Vorstand, der zur Verteidigung seiner Vorräte an Wasser und Lebensmitteln eigens Unterricht im Bogenschießen nahm«.
Also, auf jeden Fall scheint die Gefahr eines Weltuntergangs nun tatsächlich im Mainstream angekommen zu sein. Bringt ja vielleicht Auflage bzw. Klicks.
Ich versuche mir gerade die allmorgendliche Redaktionskonferenz im Hamburger Spiegel-Haus vorzustellen, wenn das Thema Weltuntergang in Anwesenheit der versammelten »Qualitätsjournalisten-Mannschaft« ernsthaft auf den Tisch kommt. Wer dabei sitzt und noch Zweifel daran hat, dass die Erde bald aus den Angeln gerät, wird dies vielleicht gar nicht mehr auszusprechen wagen, da es ja jetzt nicht mehr politisch korrekt wäre. Schließlich sprechen die Amerikaner ja nun ganz offen über den Doomsday, über die zu erwartende Apokalypse.
Und dann – muss es ja wohl stimmen. Oder?