Eva Herman: Ausgeschwampelt – Deutschland in der Staatskrise
Die sogenannten Sondierungsgespräche zur Bildung einer neuen Regierung in Deutschland waren vor knapp zwei Wochen gescheitert. Viel Wind um nix. Und jetzt? Jetzt soll es also wieder die GröKoZ (Größte Koalition aller Zeiten) richten, weil sich die »Jamaika-Parteien« nicht einigen konnten. Die Jamaika-Koalition hatte schon ausgedient, ehe sie das Licht der politischen Welt je erblicken konnte, ob nun Kalkül oder nicht. Die Schwampel übrigens ebenso, wie manche Leute diese »schwarze Ampel« auch bezeichnet hatten. Es hat sich in Deutschland damit ausgeschwampelt.
»Ab morgen kriegen die in die Fresse«
Nun soll es die bisherige GrökoZ wieder richten? Will der Wähler das wirklich? Haben denn die Sozen und die Schwarzen wirklich je harmoniert? Wohl kaum, wenn man nur eine überschaubare Portion an Parteiprogramm-Treue und Loyalität voraussetzt. »Ab morgen kriegen die in die Fresse«, hatte Ministerin Nahles das Grökotz-Bündnis am Legislatur-Ende denn auch kurz und bündig besiegelt. Heute noch Freund, morgen schon streitsüchtiger Todfeind! Es sind offenbar ganz gewisse Charaktereigenschaften notwendig, um sich in diesem Karussell halten zu können. Trotzdem jetzt wieder weiter mit SPD und CDU/CSU? Welch ein trauriges Affentheater. Über was reden wir: Treue und Loyalität? Über Politiker als Vorbilder? Schwachsinn. Ein einziges Trauerspiel, billig, armselig. Wegwerfgesellschaft.
Treue, Loyalität, die als Fundament für die Zukunft wirklich wichtig wären, sind nur Schall und Rauch, Fremdwörter. Hierbei handelt es sich um einstige preussische Tugenden, die heutzutage eher mit einem vorwurfsvollen Ach-Du-bist-auch-ein-Nazi-Blick bedacht werden. Pah! Alles unmodern. Gar gefährlich. Genug für einen Anfangsverdacht. In der politischen Parteienlandschaft gibt es so etwas schon lange nicht mehr, die alte Garde ist längst abgetreten.
GröKoz wie verlassener Liebhaber und untreue Mätresse
Und so gerieten die programmatischen Aussagen der SPD/CDU/CSU- Vertreter in den letzten Jahren in immer wässrigere Zustände, einstige Konturen der Unterschiedlichkeiten, Abgrenzungen der Parteiprogramme waren zum Schluss verschwommen wie die Milch im Kaffee. Heute erscheinen die beiden Lager wie der verlassene Liebhaber und die untreue Mätresse, aber wer weiß? Wahrscheinlich liegen sie bald schon wieder gemeinsam im Bett, wohl voneinander wissend, dass weder Treue noch Loyalität sie je zusammenhalten werden. Armes Deutschland. Sie sind vielmehr eine primitive Zweckgemeinschaft, die ausschließlich dem eigenen Überleben dient. Für nichts anderes ist sie gut, diese GröKoZ, schon gar nicht fürs Volk.
Der ewige Martin gibt wieder Interviews
Die schwer zerrupfte SPD wolle nicht mehr mitmachen, hieß es kürzlich noch, nie mehr. Beleidigt für alle Zeit! Der glücklose, aber ewige Martin Schulz steht heute jedoch, trotz all der unzähligen Niederlagen, wieder tapfer vor den Mainstream-Mikrofonen und konstatiert in aller schicksalhafter Unauffälligkeit, die »Wählerinnen und Wähler« hätten schließlich keinen Auftrag für eine große Koalition erteilt. Stimmt auffällig! Sonderbar, dass ihm diese klugen Gedanken nicht schon bei den letzten Regierungsbildungen eingefallen waren, als seine »Volkspartei« noch mit im Rennen war.
Trotz fehlenden Auftrags der »Wählerinnen und Wähler« werden sie jetzt dennoch wieder gemeinsam in die Kiste steigen, die egozentrischen Systemspieler, nur um weiter mitzumischen, fernab von Moral und Ethik, fernab von jeglichen Versprechungen, von Verlässlichkeit und Sympathie: Hauptsache nur, am Trog zu sitzen. Und zu fressen, alles in sich hineinzustopfen. Zum Platzen zu fett! Wieder werden sie sich aneinander reiben, bis zur versengenden Hitze werden sie alles steigern, hoch in die Weiten der Unerträglichkeit. Kopfschmerz, Magendrücken, Herzrasen, alles fürs Volk ist damit vorprogrammiert.
»19. November 2017 wird in die Geschichte eingehen«
CICERO-Ressortleiter Berliner Republik, Christoph Seils, schrieb unlängst: »Es besteht kein Zweifel, der 19. November 2017 wird in die Geschichte dieses Landes eingehen. Wenn Historiker eines Tages auf das Ende der Ära Merkel in Deutschland zurückschauen, dann werden sie an diesem Tag nicht vorbeikommen.« Es sei nicht allein der Tag, an dem nach vier Wochen zäher Verhandlungen nur einfach die Sondierungsgespräche zwischen CDU, CSU, FDP und Grünen gescheitert seien. Sondern der Tag, an dem »ein zuletzt nur noch peinlicher Poker zwischen vier Parteien, die nicht zusammenkommen wollten und nicht zusammenkommen konnten, mit gegenseitigen Schuldzuweisungen endete«. Das Elend geht jetzt weiter. Nun wieder im Rahmen der GröKoZ.
Teile und Herrsche
So einiges hatte ich an dieser Stelle schon häufiger erläutert zum unweigerlich bevorstehenden Zusammenbruch des Parteiensystems. Einer der Gründe, warum ich niemals zum Wählen gegangen bin, da ich schon früh erhebliches Misstrauen gegen die Mischpoche hegte. Denn dieses System ist, der Name PARTei sagt es ja schon, die klare Grundlage des römischen Herrscher-Grundsatzes Teile und Herrsche, im Lateinischen: divide et impera. Diese Redewendung empfiehlt, »eine zu besiegende oder zu beherrschende Gruppe (wie z. B. ein Volk) in Untergruppen mit einander widerstrebenden Interessen aufzuspalten. Dadurch soll erreicht werden, dass die Teilgruppen sich gegeneinander wenden, statt sich als Gruppe vereint gegen den gemeinsamen Feind zu stellen.«
Gackernder Hühnerhaufen ohne Sinn und Verstand
Das hat Deutschland jetzt bis zur Perfektion geschafft! Gelb haut auf Grün ein, Rot auf Schwarz, Dunkelrot auf Hellrot,- und alle gemeinsam auf Blau! Schwarz und schwarz hackt sich jetzt auch gegenseitig die Augen aus, wie ein gackernder Hühnerhaufen laufen alle durcheinander, spreizen sich, brüsten sich, schnattern ohne Unterlass. Ohne Sinn und Verstand. Von Einheit, Geschlossenheit, gar Verantwortungsbewusstsein für das Wohl des Volkes keine Rede! Da wundert man sich noch über Politikverdrossenheit?
Situation, wie es sie in der Bundesrepublik seit 70 Jahren nicht gab
CICERO-Autor Christoph Seils merkt über den historischen 19. November 2017 an: »Es ist zugleich der Tag, an dem das letzte Aufgebot des bestehenden etablierten Parteiensystems vor der Aufgabe kapitulierte, das Ergebnis der Bundestagswahl vom 24. September in eine handlungsfähige Bundesregierung zu überführen. Und es ist der Tag, an dem die Autorität der Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzenden so nachhaltig beschädigt wurde, dass ihre Tage an der Macht gezählt sein dürften.« Bundespräsident Walter Steinmeier kommentierte diesen beispiellosen Vorgang: »Wir stehen vor einer Situation, die es in der Bundesrepublik – also seit fast siebzig Jahren -, noch nicht gegeben hat«.
Ein so abgehalfterter Haufen, der sich dann wieder »Regierung« nennt… Jedes Land erhält genau das, was es verdient. Es sieht nicht gut für uns aus, Leute. Eine abgewirtschaftete Truppe, die Krankes nur krampfhaft noch aufrecht zu erhalten sucht, was längst hätte zusammenbrechen müssen. Ein Tritt wäre hier allemal besser, um das wackelige Gerüst endlich zum Einstürzen zu bringen.
Beschließt einen Rat, und es werde nichts daraus
Doch immer noch kämpfen sie um ihr bisschen Existenz, bis zum letzten Atemzug, um dem vorprogrammierten Absturz in die Bedeutungslosigkeit vielleicht doch noch zu entrinnen? Keine Chance. Die Mühlen des Universums arbeiten langsam, aber lückenlos und verlässlich. Nichts geht verloren, um keine Haaresbreite. Denn, soviel ist klar, ungeahndet bleiben diese ungeheuerlichen Vorgänge gewiss nicht, die dafür zuständigen Schluss-Instanzen sind unbeeindruckbar und unbestechlich, fernab jedes irdischen Politbetriebs. Dies ist schließlich die einzige Hoffnung und Stütze für den armen, geschundenen Bürger, der durch seinen Wahlgang jedoch das unvermeidliche Karma selbst auf sich zog.
Im Alten Testament bei Jesaja finden wir die Endzeit, die letzten Tage unserer Zeit, beschrieben: Beschließt einen Rat, und es werde nichts daraus; beredet euch, und es bestehe nicht; denn hier ist Immanuel. Das heißt: Gott mit uns. Herr, lass es bitte bald geschehen!
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