Teil 9: Der gezähmte Mann und die verlorene Weiblichkeit
Eva Herman
Die Feministinnen setzten alles daran, den Mann zu dämonisieren. Sex wurde als Bedrohung gesehen, und höchstes Ziel war die »Zähmung« der »bösen« Männer. Oder gleich ihre Abschaffung. Immer wieder mischten sich die Frauenrechtlerinnen hartnäckig in den intimsten Bereich der Frauen ein, Gesten, Berührungen, jeder Blick des Mannes wurde als sexistische Demütigung gebrandmarkt.
Im Umkehrschluss waren nun alle weiblichen Signale verpönt. »Burn your bra!« (»Verbrenne deinen BH!«), lautete einer der ersten feministischen Schlachtrufe in den USA. In Parks und auf dem Campus von Universitäten verbrannten junge Frauen ihre Büstenhalter auf lodernden Scheiterhaufen. Reizwäsche wurde ebenso als Aufforderung für männliche Unterdrückung angesehen wie hochhackige Schuhe, feminine Kleidung oder geschminkte Lippen.
Das gesamte weibliche Erscheinungsbild sollte verschwinden, die Folge war der Siegeszug des sogenannten Unisex-Look. Frauen, speziell in Deutschland, kleiden sich noch heute vielfach geschlechtsneutral, sie tragen Hosen, Anzüge, flache Schuhe. Das uralte Spiel: zwischen Mann und Frau ging dadurch mehr und mehr verloren. Und in Vergessenheit gerieten neben den Äußerlichkeiten zunehmend auch die inneren Qualitäten, weibliche Tugenden, die Ausgleich, Vermittlung und Friedfertigkeit in die Welt bringen und einen Gegenpol zum männlichen Prinzip von Kampf und Krieg darstellen. Wir brauchen diese weiblichen Fähigkeiten dringender denn je sie im Namen des Feminismus zu verdrängen und Frauen zu vermännlichten »Soldaten« zu machen, gehört zu den großen Irrtümern des feministischen Zeitgeistes. Die Latzhose war nicht zufällig einst die Uniform des Feminismus. Damit betonten Frauen: »Ich will auf keinen Fall als Frau gesehen werden.«
Doch ob mit oder ohne »Penetration«: Die vermeintlich »freie Liebe« führte rasch zu einer Katerstimmung, die seelischen Verletzungen durch permanente Untreue waren irgendwann nicht mehr zu übersehen. Das Experimentieren mit Sex als Selbsterfahrung ging schnell in eine Phase der Ernüchterung über.
Auch die Enttabuisierung der Abtreibung hatte Spätfolgen. Im Sommer 1971 erschien ein Stern-Titel mit dreißig abgebildeten Frauen, die zugaben: »Wir haben abgetrieben!« Darunter waren so prominente Frauen wie Senta Berger, Romy Schneider und Sabine Sinjen. Vierunddreißig Jahre später befragte das Magazin Cicero einige dieser Frauen, wie sie die Aktion aus heutiger Sicht sehen. Fast alle reagierten nachdenklich, viele hatten noch Schuldgefühle, werteten die Abtreibung im Nachhinein als »schreckliches Erlebnis«.
Solche Gefühle passten lange nicht ins Bild. Alles zielte darauf ab, den Frauen; Empfindungen auszureden, weder sollte Sex an Liebe gebunden sein noch durfte das Gefühl für das ungeborene Leben Raum erhalten. Heute wissen Frauen, dass häufig wechselnde Sexpartner eine Weile aufregend sein mögen, dass sie aber auf Dauer nicht glücklich machen können.
Auszug aus dem Bestseller Das Eva-Prinzip von Eva Herman, erschienen 2006
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