Was macht eigentlich die Musikszene in den Zeiten von Corona
Wie geht es den etablierten Künstlern in Deutschland?
Insiderbericht von der Tontechnikerin Luise
Wie geht es derzeit zum Beispiel den sogenannten Mietmusikern, die mit den „Großen“ auf Tournee gehen? Den Amateur- oder „Teilzeit“-Musikern, die normalerweise einmal im Monat in Clubs spielen, deren Herz mit der Musik verwoben ist, die aber sicherheitshalber noch einen Job, bestenfalls in der Veranstaltungsbranche oder selbständig als Musiklehrer in Schulen haben.
Blöde Frage…
Wie kann es einem gutgehen, wenn man feststellen muss, dass das, was man mit Liebe und Hingabe, voll Überzeugung und Herzblut jahrelang mehr oder weniger erfolgreich ausübt, plötzlich nichts mehr wert ist?
Da wurde von Hilfen gesprochen, die alle möglichen Branchen abdecken sollten. Aber die Regierung hat – bis heute – keinen blassen Schimmer davon, wie und von was ein Musiker leben soll, wenn jede Grundlage für sein Schaffen eingestampft wird.
Seit über einem Jahr ist es definitiv untersagt, zu musizieren, weder in der Öffentlichkeit, noch in Schulen oder Kitas. Die Aerosole fliegen beim Singen besonders weit und, wenn dazu noch Gitarre gespielt wird, könnte man ja in eine Art Rhythmus verfallen und sich bewegen, was jetzt grundsätzlich schlecht für die Gesundheit ist.
Im Sommer gab es mehrfach Versuche , Konzerte zu veranstalten mit Hygienemaßnahmen, die sich besonders schlaue Leute ausgedacht haben.
Ich denke da an ein wunderbares Soulkonzert im Strandsalon in Lübeck, Open air: Max and friends feat. die fantastische Sängerin Nathalie Dorra, die u.a. auch für etablierte Künstler wie Udo Lindenberg und Marius Müller Westernhagen singt.
Als sich glücklich schätzender, nach Livekultur lechzender, maskierter Ticketbesitzer, der im Vorfeld all seine Daten bis ins kleinste Detail schon beim Ticketkauf preisgeben musste, suchte man sich nun ein begehrtes Plätzchen und freute sich auf das Konzert.
Großzügerweise durfte man am Platz die Maske absetzen…man wurde angehalten, sitzen zu bleiben. Für Toilettengänge und Getränke besorgen, selbstverständlich mit Maske.
Mitwippen mit dem Fuß im Takt war erlaubt, Aufstehen strengstens untersagt!! Selbst der Beifall, den man den Künstlern entgegenbringen wollte, wurde reglementiert. Nicht klatschen und gleichzeitig Juchuu rufen, und schon gar nicht aufstehen. Ein paar begeisterte Zuschauer, die dann automatisch aufgestanden sind, um der Band ihren wohlverdienten Applaus zu geben, wurden sofort zum Sich -wieder-hinsetzen- aufgefordert. Aerosole fliegen im Stehen weiter als im Sitzen!
Die Sänger wurden angehalten, das Publikum nicht zum Mitsingen zu animieren, was bei Auftritten zum normalen Entertainment gehört. Die Künstler mussten mindestens fünf Meter Abstand zum Publikum halten und auf der Bühne den vorgeschriebenen gesetzlichen Mindestabstand einhalten.
Bass und Schlagzeug stehen schon aus akustischen und technischen Gründen gerne nah beieinander, Sänger tanzen und interagieren, lassen sich von der Musik inspirieren und bewegen sich dementsprechend, alles bitte nur auf dem dafür vorgesehenen Kreuz.
Kreuze und Striche auf der Bühne zeigten, wieweit sie sich wohin begeben dürfen.
Wer jemals auf einer Bühne gestanden hat, weiß, wie sich das anfühlt, wenn man außer der Songs, die man ja performen möchte, sich auch noch an die aus dem Boden gestampften Hygieneregeln halten muss.
Am Ende eines Konzert sich in den Arm nehmen und noch einmal vor Publikum verbeugen, ist ein nicht wegzudenkendes Ritual, aber social distancing heisst, 1 ½ Meter Abstand!
Und obwohl die acht- köpfige Band sich bemühte, alle Regeln einzuhalten, nahmen sie sich am Ende des Konzerts in den Arm und verbeugten sich wie früher… bis auf Einen, der sich absolut regelkonform verhalten hatte und dezent im Hintergrund blieb.
Diskussionen nachher backstage, ob man sich nun anfassen darf oder nicht, ob das komisch aussieht, wenn einer der Musiker sich nicht verbeugt, führten zu Unstimmigkeiten, mit dem Ergebnis, dass besagter Musiker aus der Band ausgestiegen ist.
Vielleicht wird er jetzt Hygienebeauftragter beim Film.
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