Der nachfolgende Text wurde uns von einem Leser zugeschickt. Wir veröffentlichen diesen mit dem Einverständnis des Autors, den wir hier Lukas nennen wollen.
Wie lange noch?
Um 12 Uhr verlasse ich mein klimatisiertes Büro und begebe mich auf den Weg zur Bank in der Nähe des Hauptbahnhofs. Ich laufe durch einen kleinen Park. Die Sonne scheint. Es sind kaum Wolken am Himmel. Ein Gefühl der Freude und Dankbarkeit steigt in mir auf, ich spüre ein Verbundensein mit den Kräften der Natur.
Da liegt der Mann, zerfetzte Kleidung, unangenehmer Geruch
Kurz vorm Hauptbahnhof an einer Kreuzung sehe ich dann jedoch einen Mann auf dem Boden liegen. Eine Frau steht neben ihm. Hat er es sich bei dem herrlichen Wetter an einem etwas ungewöhnlichen Ort nur etwas bequem gemacht? Ich nähere mich den beiden und stelle schnell fest, dass dieser Mann eher in die Kategorie »Obdachloser« einzuordnen ist. Zerfetze Kleidung, sogar sein Hinterteil ist deutlich zu sehen, zudem riecht er stark nach Urin.
In solchen Fällen kommt die Polizei nicht extra
Ich spreche die vor ihm stehende Frau ohne groß nachzudenken an und frage, ob alles in Ordnung sei. Sie schildert mir, dass Sie diesen Mann vor einigen Minuten bewusstlos hier angetroffen habe, er mittlerweile wieder zu sich gekommen sei, jedoch völlig geistig verwirrt sei. Sie habe ihm daraufhin Wasser angeboten und die Polizei gerufen. Diese habe ihr jedoch nur mitgeteilt, dass sie nicht extra rausfahren würden, wenn er schon wieder auf den Beinen steht. Sie solle selbst entscheiden, was das richtige ist.
Ich unterhalte mich ein wenig mit dem Mann und komme auch schnell zum Ergebnis, dass zumindest sein Verstand sehr verwirrt ist. Wir einigen uns darauf, dass ich der Bahnhofmission im Hauptbahnhof wenigstens kurz mitteile, dass ein verwirrter und gebrechlicher Mann sich im Hinterhof des Hauptbahnhofs aufhält.
Christliche Gemeinschaft?
Als Antwort erhielt ich von einer Sozialarbeiterin, dass nachher ein Mitarbeiter vorbei schauen würde und dem Obdachlosen zumindest Hilfe anbieten würde. Aber mehr können sie auch nicht tun. Ob sich jemand wirklich auf den Weg gemacht hat, mag ich nicht zu beurteilen. Ich stelle mir auch die Frage, wie viele Menschen in unserer »christlichen Gemeinschaft« schon an dem Mann vorbei gelaufen sind, als er noch bewusstlos war.
Kaum noch deutschsprachige Schilder
Nachdem ich Geld von der Bank abgehoben habe, plane ich in einem Supermarkt noch ein paar Einkäufe zu erledigen. Dieser liegt auf der Kölner Straße, auch »klein Istanbul« genannt: unzählige türkische Friseure (Herrenhaarschnitt ab 8€), türkische Obsthändler, Handyläden, Dönerläden,… Selten versteht man die Sprache der Gesprächsfetzen, die man aufschnappt.
Vor einiger Zeit waren viele Läden sowohl auf deutsch als auch arabisch beschriftet. Mittlerweile gibt es einige Läden nur noch in der letzteren Sprache beschriftet. An der Fensterscheibe meines anvisierten Supermarktes klebt ein Schild: »Aushilfe gesucht, Deutschkenntnisse vorausgesetzt!« Fehlt nur noch, dass auch dieses Schild in einer Fremdsprache erscheint…
Wie lange kann das noch gutgehen?
Eine Stunde später bin ich wieder im Büro und soll nun wieder Papier von links nach rechts legen. Drei Dinge gehen mir durch den Kopf:
1.Wie lange wird das noch gut gehen? Vor allem mit dem Bewusstsein, dass gesellschaftliche Entwicklungen nicht linear, sondern exponentiell verlaufen.
2. Wer Roggen sät, wird nicht Weizen ernten: Wohin führt das alles?
3. Deutschland ist nicht mehr.
Düsseldorf, 14.08.2017
Lukas
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