Angeblicher Geheimplan für Fernseh-Talkshows?
Eva Herman
Meist gehe ich ja nicht zimperlich mit unseren »Qualitätsjournalisten« um, an ihrer Art Berichterstattung ist eine Menge kritikwürdig. Aber was anlässlich des inzwischen legendären Auftritts des Historikers Daniele Ganser kürzlich im Schweizer Fernsehen jetzt alles an Hiobsbotschaften im Umlauf ist, ist ja nicht mehr auszuhalten. Da ist von einem »Geheimplan der Talkshows« die Rede, um unliebsame Meinungsträger öffentlich zu diffamieren. Hallo, liebe Leute, es braucht doch keinen Geheimplan, um eine solch fragwürdige Fernsehshow des vorauseilenden Gehorsams abzuliefern.
Gewiss, die politisch korrekte Haltung nahezu sämtlicher Talkshow-und Nachrichten-Moderatoren ist nur noch schwer erträglich. Man achte darauf: Viele von ihnen haben inzwischen eine leicht gebückte Körperhaltung eingenommen, der Druck lastet schwer auf ihnen. Bloß keinen Fehler machen: Man will so lange im System bleiben, wie es geht. Denn man lebt schließlich gut am Futtertrog, die Familie auch. Dafür nimmt man eine Menge in Kauf, hat sich an das Krötenschlucken längst gewöhnt, auch das Syndrom der gespaltenen Zunge hat sich schon zu einer fast gesetzmäßigen TV-Krankheit ausgewachsen (Ausnahmen bestätigen die Regel).
Doch nun wiederholt ein alternativer Autor, was er schon in seinem Buch vor drei Jahren »wusste«: »Laut Insiderinformationen gibt es nämlich für die Spitze der Moderatoren spezielle rhetorische Schulungen, wie mit Gästen umgegangen werden soll, die eine systemkritische Haltung vertreten«. Und weiter: »Vor über drei Jahren berichteten wir in dem Artikel: »Der Geheimplan hinter Markus Lanz Skandalsendung« darüber, dass ein ganz klares Schulungsprogramm für Top-Moderatoren existiert, wie man gezielt unbequeme Gäste diffamiert«.
Geheimplan? Schulungsprogramm? Das ist ja zum Schieflachen. Kein Sender, der hochbezahlte Moderatoren beschäftigt, braucht heute einen Geheimplan. Diese Leute funktionieren von ganz alleine, es läuft alles wie von selbst. Keine Ahnung, welchen Insider Herr Schrang da vor sich hatte…
Der Verstand der meisten Moderatoren, Journalisten, Korrespondenten oder ähnlich, ist heutzutage derart verunreinigt, dass sie diesen ganzen politisch korrekten Klabaster, z.B. vom bösen Russen, vom bösen Donald, vom bösen Assad, von Frau Merkels toller »Flüchtlingspolitik«, oder von George W. Bushs steiler 9/11-These derart verinnerlicht haben, dass sie das alles selbst glauben. Ganz ehrlich. Sie glauben das alles real!
Und das ist die Grundvoraussetzung für diesen hochbezahlten Job! Diese Leute, die das Mikrofon in der Hand haben, um andere Menschen mit unliebsamer Meinung vor die Kamera zu zerren, um sie im Angesicht der Öffentlichkeit nach Strich und Faden fertigzumachen, brauchen keinen Geheimplan! Sie sind der Geheimplan, wenn man diese Vokabel überhaupt nutzen will. Und die wenigsten wissen es dabei. Eigentlich furchtbar traurig, oder?
In ständiger Empörungsbereitschaft kennen diese Leute alle Trigger, die in einer TV-Sendung fallen müssen, um das Gegenüber politisch korrekt an die Wand zu nageln. Diese Triggerbegriffe heißen zum Beispiel Deutsche Geschichte, Massenmigration, Mutter, Autobahn, oder, wie bei Daniele Ganser am 24. Februar, es handelt sich um kritische Fragen zum Thema 9/11. Das ist schon alles.
Es ist ja richtig: Die Art und Weise, wie der Historiker Daniele Ganser vor vierzehn Tagen im SRF behandelt wurde, ist wieder einmal völlig indiskutabel. Vor allem der ständig wiederholte Schwurbelbegriff »Verschwörungstheoretiker«, mit dem man ihn abstempeln wollte, nervte gewaltig. Aber Ganser, der einen glasklaren Verstand und ein hochintelligentes Mundwerk hat, hat sich hervorragend geschlagen. Letztlich stehen jetzt nur der krawallige Moderator des SRF und die anwesenden Unruhestifter-Gäste schön belämmert da, denn hunderte wütender Zuschauer haben sich beschwert. Zu recht.
Also: Ich war selbst zehn Jahre lang Moderatorin der Talkshow Herman & Tietjen. Bei uns gab es keine Geheimpläne. Wir waren relativ frei, aber wie gehörten auch zur Unterhaltung. Erst, als ich durch meinen familienpolitischen Widerstand »auffällig« geworden war, wurde man komisch. Da saß der Feind nämlich plötzlich in den eigenen Reihen. Da half auch die Unterhaltung nichts mehr. Es musste verhindert werden. Wurde es ja auch.
Noch einmal: Selbstverständlich gibt es Redaktionskonferenzen und Briefings, und da wird die Richtung des Interviews festgelegt. Und die meisten TV-Moderatoren haben einen Ohrstecker, durch den sie Hinweise aus der Redaktion bekommen während der laufenden Sendung. Aber niemand muss gezwungen werden, das zu erfüllen, was erwartet wird, denn er hat jederzeit die Freiheit, die Ausgangstüre zu benutzen, wenn er nachts nicht mehr einschlafen kann, und der Blick in den Spiegel morgens zur Tortour wird.
Sie machen es gerne. All diese glamourösen, abgerichteten Fernsehleute funktionieren von ganz alleine, völlig ohne Geheimplan. Ich hatte mit vielen persönlich zu tun, mit ARD-und ZDF-Moderatoren wie Anne Will, Sabine Christiansen, Ulrich Wickert, Hanns-Joachim Friedrichs, Claus Kleber, Johannes B. Kerner, Peter Klöppel usw. Manche von ihnen treffe ich noch heute. So ziemlich alle von ihnen, sofern sie noch im erwerbsfähigen Stadium sind, präsentieren mit bedeutungsvoller Miene (und leerem Instinkt) völlig freiwillig ihre politisch korrekte Show. Kritische Gespräche, die das Innere des Geistes anregen wollen, kann man mit ihnen kaum führen: Sie machen dicht. Sie mauern..
Nur einer, einer der Intelligentesten, der pflegte oft seine eigene Meinung, hatte das Herz auf dem rechten Fleck, und war oft unbequem: Trotzdem war er viele Jahre lang der Star: Der Star von Pro Sieben. Der gelernte Metzger war ein mega-erfolgreicher TV-Produzent-und Moderator geworden. Doch bei ihm war alles anders gewesen, denn nicht er war auf das System angewiesen, sondern das System hing an ihm, der wandelnden Gelddruck-Maschine.
Und wie ging die Geschichte aus? Eines Tages warf dieser Mann völlig unerwartet das Handtuch: Von einem Moment auf den anderen kündigte er seinen Austritt aus dem System an. Bis heute hört man nix mehr von ihm. Manche rätseln bis heute, warum.
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