Die Zeichen der Zeit erkennen
Eva Herman
Politische Krise zwischen der EU und der Türkei. Beleidigungen und Verstimmungen an den Fronten von Abendland und Morgenland. Tiefe Klüfte zwischen Christentum und Islam. Nun kann man sagen, dass es innerhalb der EU-Länder eine Menge zugewanderter türkischer und anderer muslimischer Familien gibt, die im Laufe der vergangenen Jahrzehnte unsere Freunde geworden sind. Andererseits gibt es auch unzählige Migranten, von denen wir bis heute nur wenig wissen: Was ihre Kultur, ihre Religion und Tradition angeht, so tappen wir doch weitgehend im Dunkeln.
Genauso wenig interessiert viele Zuwanderer, was wir denken, wie wir ticken, welche Gesetze hier gelten und welche Werte uns interessieren. Sie fühlen sich in ihrer Gemeinschaft stark, ganze Parallel-Universen existieren inzwischen in Deutschland und Europa. Tatsache dürfte sein, dass der Zusammenhalt der Muslime auf der ganzen Welt heute bedeutsam ist. Weitgehend einig scheint man sich in der grundsätzlichen Ausrichtung der auf dem Islam beruhenden Religion zu sein, ganz im Gegenteil zu dem inzwischen stark säkularisierten Europa.
Wer aber im Glauben vereint ist, der fühlt sich auch stark. Denn er wähnt eine höhere Macht über dem Geschehen, die ihn durch die eigene Frömmigkeit schützt. Die Muslime fühlen sich heute sehr stark. Sie sind dabei, das Abendland einzunehmen, einige ausländische Politiker und Staatsführer sprechen dies auch offen aus.
Einst waren es auch die Christen gewesen, die sich stark fühlten. Seit zweitausend Jahren haben sie dies durch zuweilen stark ausgeprägten Fanatismus unter Beweis gestellt: Die ganze Erde fast wollten sie »zwangschristianiseren«, was man eher als »Zwangskirchianisierung« bezeichnen könnte. Da geschah eine Menge Falsches, viel Blut floss, enormes Leid wurde auf die Erde gebracht, welches furchtbarerweise auch noch im »Namen Gottes« ausgeführt wurde.
Ja, immer wieder geschehen die schrecklichsten Dinge im Namen des Höchsten, wie immer er auch in den jeweiligen Religionen bezeichnet wird. Ob es damals die Christen waren, die sich die Welt untertan zu machen suchten, oder heute islamistische Kämpfer, die nun von einer »Übernahme Europas« sprechen, stets ist es doch Zwang, Brutalität und barbarische Unterwerfung, mit der dies geschieht. Aber selbst offiziell eingesetzte, türkische Politiker künden nun einen »Heiligen Krieg in Europa« an.
Vielleicht ist es ja die Auswirkung des ewigen Naturgesetzes der Wechselwirkung, dass das Pendel nun auf das »christliche Abendland« zurückschlägt, welches doch schon lange nicht mehr als christlich zu bezeichnen ist. Wer weiß. Wir tun jedenfalls nicht viel, um das Unheil, welches von vielfacher Seite nun herannaht, etwa aufzuhalten: Denn wir fühlen uns nicht stark. Die für viele Menschen unerklärliche Politik der bedingungslosen Einwanderung beschleunigt den Niedergang nur noch. Aber vielleicht ist das ja gar nicht so schlecht. Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. Oder?
Paulus, der einst Saulus gewesen, mahnte die Christen, dass sie ihre Rechtfertigung vor Gott nicht nur durch ihren Glauben, sondern auch durch die Taten unter Beweis stellen müssten. Eine logische Aufforderung, die Martin Luther in der ganzen Tragweite in seiner Bibelübersetzung leider nicht so deutlich herausstellte. Aber sei es drum: Von irgendwelchen sinnstiftenden Taten sind wir hier in Deutschland und dem inzwischen völlig zerklüfteten Europa leider Lichtjahre entfernt.
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