Teil 18: Rückzug aus der Partnerschaft
Eva Herman
Nicht immer fällt die Krise der Männer so deutlich ins Auge wie beim Schulversagen der Jungen. Manchmal sind es nur Abweichungen, die eine Menge über den Einfluss männerfeindlicher Ideologien aus den Anfängen des Feminismus erzählen können Dazu gehört beispielsweise das Phänomen der »ewigen Jungen«, mithin jener Männer, die sich weigern, erwachsen zu werden. Sie wollen Spaß statt Verantwortung, nach dem Motto: »Ich will doch nur spielen!« Denn diese Männer wissen, dass es richtig anstrengend ist, wenn es mal ernst wird mit einer Frau. Das bedeutet: zähes Verhandeln, wenn es um gemeinsame Freizeitaktivitäten geht, endloses Debattieren über Aufgabenverteilung wie Bügeln und den Müll runterbringen, offener Geschlechterkampf, wenn nicht alles so läuft, wie; im. Soll-und-Haben-Plan. konsequenter Gleichberechtigung vorgesehen. Wie feindliche Konkurrenten stehen Mann und Frau sich dann gegenüber.
Till Schweiger, geschiedener Vater von vier Kindern, formulierte es in einem Interview in der Zeit folgendermaßen: »Dana und ich wurden früher oft gefragt: „Was ist das Erfolgsgeheimnis Ihrer Ehe?“: Es gibt kein Geheimnis, haben wir geantwortet, es gibt nicht die Traumfamilie. Nur wenn es keine Konkurrenz gibt in der Ehe, können beide nach einer Weile Freunde werden. Aber wem gelingt das schon?«
Der ausgerufene Geschlechterwettkampf macht es immer schwieriger, die Ehe als Partnerschaft unterschiedlicher Talente und Aufgaben zu sehen, in der das Konkurrenzdenken keinen Platz hat. Nahezu verständlich, dass sich immer mehr Männer diesem Stress entziehen und nur unverbindliche Teilzeitbeziehungen möchten – die wie. selbstverständlich kinderlos bleiben.
»Wir wollen nicht mal ein bisschen Quote, wir wollen Macht über die Männer«, hatte Alice Schwarzer gefordert. Das hieß letztlich: Lasst uns die Männer kleinmachen! Doch die Männer weigern sich, wie Haustiere dressiert zu werden. Sie ziehen es vor, als einsame Wölfe durch die Gegend zu ziehen, statt ein Dasein als angepasster Schoßhund zu fristen.
Dies ist natürlich auch das Terrain all jener Männer, die – man darf es nicht verschweigen – nach wie vor Frauen ausnutzen, belügen, betrügen und emotional ausbeuten. Ja, es gibt sie, und es hat sie auch früher schon gegeben, diese finsteren Charaktere, die Frauen schlecht behandeln, sie schlagen, sie ihrer Freiheit berauben. Doch um sie geht es hier nicht. Sie sind nicht Teil des Problems, das die diffusen Männerbilder heute hervorbringt, die Rollenunsicherheiten, die Männer zögern lassen, sich langfristig zu binden und Vater zu werden.
Wenn doch eine Ehe eingegangen wird/so zerreiben sich die Partner häufig in kindischen Kämpfen um Rechte und Pflichten. Das prägt wiederum die Sprösslinge, die erleben, dass eine Beziehung offenbar, aus Konflikten, Streit und permanentem Aufrechnen, besteht, aus» einem großen Machtspiel, in das auch sie selber einbezogen werden. »Du warst gestern mit deinen Freunden unterwegs, jetzt mach wenigstens mit den Kindern die Hausaufgaben!«, heißt es da schon mal. Oder: »Statt mit deiner blödsinnigen Steuersoftware rumzuspielen, solltest du lieber mal Tanjas Puppenhaus reparieren!«
Die Botschaft ist immer die gleiche: Viele Frauen finden Männer grundsätzlich unreif, verspielt und verantwortungslos, daher haben sie zu Hause »die Hosen an« und kommandieren den Gatten permanent herum. Und kontrollieren ihn, damit er ja keine Dummheiten macht.
Einem entfernten Bekannten, er ist Anwalt mit einem großen Büro, wurde das eines Tages zu bunt. Einmal im Monat veranstaltete er mit Freunden ein Treffen; das sie ironisch als »Herrenabend« bezeichneten, Sie gingen essen, tranken guten Rotwein, rauchten hinterher manchmal noch eine Zigarre, und kehrten dann in ihre Wohnungen zurück. Keine Verrücktheiten, keine Ausschweifungen, aber eben Männer unter sich.
Die Frau dieses Bekannten hatte ihn stets mit säuerlicher Miene ziehen lassen, nicht ohne sich genau1 zu erkundigen, wann und wo diese Treffen stattfanden. Einmal tauchte sie wie zufällig bei einem »Herrenabend« auf, und es war allen klar, dass sie sich auf Kontrollstreife befand. Dem Anwalt war das furchtbar peinlich, und als er später daheim war, stellte er seine Frau zur Rede. Da brach es aus ihr heraus: »Du baust dir ein Parallelleben ohne mich auf!« Der Mann verstand nicht im Mindesten, wovon sie sprach, bis er einsehen musste, dass sie selbst diesen einen Abend im Monat nicht ertrug, an dem er ihrer Kontrolle entzogen war. »Denk mal über unsere Beziehung nach!«, rief sie aus. Er tat es – und verließ sie zwei Wochen später.
Nicht alle Männer sind so radikal. Viele machen sich erst einmal das Leben schwer und wagen die Entmännlichung im Selbstversuch, ein Dasein nach den Vorgaben der Frau. Früher nannte man solche Männer »Pantoffelhelden«.. Heute werden sie als »die neuen Männer« gefeiert, die Windeln wechseln, Spaghetti kochen und zur Not auch mal zum Seidenmalkurs mitkommen. Alles gut und schön – aber dürfen sie! umgekehrt auch »typisch Männliches« zulassen? Nein. Denn das sei ja Macho-Gehabe.
Auszug aus dem Bestseller Das Eva-Prinzip von Eva Herman, erschienen 2006
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