Die Sache mit der defekten Glühbirne in Benin
(Erfahrungen in Afrika)
von Ine Stolz
Einige Wochen nachdem ich in mein kleines, mit strahlend violetter Bougainvillea komplett zugewachsenen Haus mit einem riesigen Mangobaum davor, in Cotonou eingezogen war, brannte eine Glühbirne durch. Nun, das passiert.
In Benin, wie fast überall in Afrika, wo ich gelebt habe, ist es üblich, die verschiedensten Gebrauchsgegenstände bei einem „fahrenden Händler“ zu kaufen. Es war und ist für mich immer wieder total beeindruckend, welch ein reichhaltiges Sortiment auf einem chinesischen Fahrrad oder auch mal einem Moped, die Luxusversion, transportiert werden kann. Bei einem solchen Händler wollte ich mir jetzt eine Glühbirne kaufen.
Von meinem Vater hatte ich gelernt, dass man eine Glühbirne vor Gebrauch schüttelt, um zu testen, ob sie noch funktioniert. Wenn die Glühbirne rasselt, ist sie defekt. Ich rede hier von den bei uns bereits überholten Glühbirnen, an die sich aber jeder sicher erinnern kann.
Langsam werde ich ärgerlich – immer wollen die Afrikaner uns übers Ohr hauen …
Es ist nach 18.00 Uhr. Dann ist es in Benin schon stockdunkel, das geht innerhalb von zehn Minuten. Ich sehe einen Händler auf der Hauptstraße und halte an. Der Händler lächelt freundlich „Bonsoir Madame“, fragt, was ich will und drückt mir eine verpackte Glühbirne in die Hand. Sofort packe ich die Glühbirne aus der Schachtel und schüttelte sie fachmännisch am Ohr, den Kopf etwas schräg haltend. Der Händler ebenso. Und? Ein Rasseln!
Ich gebe dem Händler die Glühbirne zurück, sage ihm, sie sei kaputt und er solle mir eine andere geben. Freundlich lächelnd reicht der Händler mir eine zweite verpackte Glühbirne. Wieder wird diese am Ohr geschüttelt und das typische Geräusch, das eine defekte Glühbirne klar identifiziert, ertönt.
Langsam werde ich ärgerlich und denke Gedanken wie: „Immer wollen diese Afrikaner die Yovos, (das sind die Weißen), übers Ohr hauen“ und „Kann man denn hier wirklich niemandem trauen“. „Und dann noch freundlich lachen“.
Wir wiederholen das Prozedere ein drittes Mal; erneut Rasseln.
Der Afrikaner hatte – im Gegensatz der der weißen Frau, längst erkannt …
Nun fange auch ich an, mich zu wundern und lasse den armen Mann endlich zu Wort kommen, der erstaunlicherweise tatsächlich immer noch lächelt. Er versuchte die ganze Zeit, mir etwas zu zeigen, aber ich war fest in meinem Gedankenfluss verankert, man wolle mich reinlegen. „Madame, Madame“, versuchte der Händler immer wieder zu mir durchzudringen. Im Gegensatz zu dieser weißen Frau hatte er gesehen, was da vor sich ging.
Einige Tage zuvor hatte ich mir einen Silberring bei einem Tuareg gekauft. Ein Glücksbringer mit einem besonderen Merkmal: der Ring hat einen hohlen silbernen Aufsatz, indem sich Sandkörner befinden, die rasseln, wenn sich der Ring bewegt. Jedes Mal, wenn ich eine Glühbirne prüfte, war es der Silberring am Ohr und alle Glühbirnen ganz.
Zu Glühbirnen gibt es noch eine andere Story. In einer Feuerwache in Kalifornien brennt eine Glühbirne seit über 100 Jahren ununterbrochen. Theoretisch würde ein Glühdraht in einer Glühbirne ewig funktionieren. Praktisch hatte die Tatsache den beiden Firmen, die damals die Glühbirnen vertrieben, überhaupt nicht gefallen, da sie wirtschaftlich ziemlich unrentabel war. So wurde das erste Kartell gegründet und darin festgeschrieben, dass Glühbirnen nach einer bestimmten Brennzeit automatisch kaputt gehen.
Zur Autorin:
Ine Stolz studierte Biogeographie – angewandte Ökologie an der Universität des Saarlandes, Agrarwissenschaften, spezialisiert auf die Tropen und Subtropen in Göttingen und promovierte in Ökotoxikologie (Wirkung von Pflanzenschutzmitteln in der Umwelt) an der Universität Basel. Über einen Zeitraum von 25 Jahren war sie als Wissenschaftlerin, Projektleiterin und Beraterin in einem Dutzend Länder in Afrika südlich der Sahara tätig. 2016 hat sie sich aus der „Entwicklungshilfe“ verabschiedet und das Buch Alte Seele Afrika veröffentlicht. Bei Rubikon sind einige Artikel zu Afrika, Natur- und Umwelt erschienen.
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