Drittes Gender: Pro und Contra argumentieren
September 2013
Olivier Renault
Schon im März 2010 ging Eva Herman mit dem Text „Gender-Wahn: Behörde erkennt Neutrum-Menschen an!“ auf die Barrikaden. Ab 1. November 2013 führt Deutschland das dritte Geschlecht ein. Zwei Positionen stehen sich im Land gegenüber. Petra Gehring und das Magazin EMMA sind dafür und sehen einen Fortschritt und einen normalen Vorgang für die Gesellschaft. Eva Ehrman und Gabriele Kuby sind vehement gegen dieses neue Gesetz, das das dritte Gender mit der Gendertheorie einführt. In einem Pro und Contra-Text sehen wir die Argumente der beiden Parteien.
Pro. Schon im Januar 1981 schrieb Alice Schwarzer in der Ausgabe Emma über das dritte Geschlecht. „Transsexuelle sind Menschen, deren Seele ein anderes Geschlecht hat als ihr Körper. Männer, die sich wie Frauen fühlen. Oder Frauen, die sich wie Männer fühlen. Ihr Konflikt zwischen Seele und Körper ist so groß, dass auch der Gesetzgeber seit 1980 die Anpassung des Körpers an die Seele erlaubt.“ Für die bekannte Feministin war schon 1981 zu sehen, was heute Gesetz ist. Alice Schwarzer schrieb 1980 in ihrer Zeitschrift: „100 bis 150 Transsexuelle lassen sich allein in Deutschland jährlich operieren. Ebenso viele aber behalten ihren Körper und wechseln nur die soziale Identität. Die Fälle von Frauen, die Männer werden, steigen. 1960 lautete die Schätzung noch: eine Frau-zu-Mann auf vier, fünf Männer-zu-Frauen. 1981 lautet die Schätzung: eine auf ein bis zwei.“
1981 vermutete Prof Pfäfflin, dass etwa drei- bis sechstausend Transsexuelle in Deutschland lebten. 2013 wird die Zahl der Transsexuellen in Deutschland auf 10.000 geschätzt. 300 Transsexuelle wagen pro Jahr den konsequenten Schritt, sich einer etwa dreijährigen psychologischen und aufwändigen hormonellen Therapie oder sogar einer Operation zu unterziehen. Petra Gehring, die für EMMA schreibt, wirft Gabriele Kuby vor, „homophobe Polemik“ anzufachen. Die Herausgeberin der feministischen Zeitschrift EMMA, Alice Schwarzer, ist im Vorstand des FMT (Frauenmediaturm). Petra Gehring ist auch im Beirat des FMT in Deutschland, der neben zahlreichen feministischen Spezialarchiven das einzige Universalarchiv zur Geschichte und Aktualität der Emanzipation ist. Für Alice Schwarzer und Petra Gehring gilt das neue Gesetz als Fortsetzung der Emanzipation.
Contra. Die Katholiken sagen: „Die Gender-Ideologie führt einen Kampf gegen die Natur. Die naturgegebene Wirklichkeit von Mann und Frau soll durch ein „gefühltes“ Geschlecht auf eine sterile Unisex-Uniformität reduziert werden.“ Eva Ehrman schrieb in ihrem Text aus dem Jahre 2010: „Das Gender-Konzept beruht auf der These, dass jeder Mensch, der zur Welt komme, geschlechtslos sei, auch wenn er körperlich als weiblich oder männlich erkennbar ist.“! In ihrem 2013 erschienenen Buch „Die globale sexuelle Revolution“ erklärt Gabriele Kuby, wo Gefahren für die Zukunft liegen. Gabriele Kuby geht sehr hart gegen die neue Entwicklung der Gesellschaft mit der Theorie des Genres vor, die das dritte Geschlecht einführt, auch wenn Kritiker sie als homophob ansehen: „Bei dem neuen Gesetz, das auf das Recht der freien Entfaltung eines Menschen beruht, sehe ich eine Zerstörung der Freiheit im Namen der Freiheit.“ Gabriele Kuby geht gründlich an das Thema heran. Die Deregulierung der Sexualität wird als weicher Totalitarismus betrachtet und beginnt mit Philosophen und Intellektuellen wie Simone de Beauvoir, Malthus, Karl-Marx, Friedrich Engels und Sigmund Freud. Gabriele Kuby betont „die juristische Deregulierung der Sexualität“. Der Feminismus, die Weltfrauenkonferenz in Beijing 1995, die Instrumentalisierung der Menschenrechte, die Ideologisierung der Wissenschaft und der Erziehung in den Kindergärten und in den Schulen dienen als Urgeburt der Einführung des dritten Geschlechtes.
Die Einführung des dritten Geschlechtes in die Geburtsurkunde zeigt eine neue juristische und Gesellschaftsordnung. Eine neue Kategorie von Menschen, die schon längst in der Gesellschaft lebt und die eine Minorität darstellt, wird legal anerkannt. Die offizielle Landschaft des Menschen wird komplexer oder reicher werden. Mit der Sexualkunde wollen doch die Politiker neue Generationen von Kindern wegen der Gendertheorie neu erziehen. Kinder bei Sexualkunde kollabieren und Eltern werden festgenommen, wenn ihre Kinder die Sexualkunde verweigern. Wenn Kinder kollabieren, kann dieser Sexualunterricht nicht dem Kindeswohl dienen. Muss eine ganze Mehrheit der Gesellschaft diesen Preis bezahlen wegen einer Minderheit? Werden wirklich die Betroffenen ihr Geschlecht wählen? Oder wird der Staat es für sie tun?
Dieser Artikel erschien zuerst bei der „Stimme Russlands“
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