Blutgericht Europa – Neues Buch von Bestseller-Autorin Eva Herman
Robert Stein interviewt Eva Herman zu ihrem neuen Buch Blutgericht Europa: Karl der Große als Ursache des Untergangs von Deutschland und Europa.
Robert Stein interviewt Eva Herman zu ihrem neuen Buch Blutgericht Europa: Karl der Große als Ursache des Untergangs von Deutschland und Europa.
Der Schlüssel für ein Umdenken in der Gesellschaft sind wir Frauen. Wir besitzen ein tiefes Wissen, wie Bindungen und Gefühle entstehen, wie ein Netz der Geborgenheit gespannt wird, wie wir als Partnerin und Mutter zwischen den verschiedenen Bedürfnissen vermitteln können. Wir haben den Blick für Probleme, die in der Gemeinschaft anliegen, und den für ihre Lösungen. Das ist eine Lebensaufgabe, unsere Lebensaufgabe, und kein Zweitjob. Was lange verleugnet wurde: Diese Bestimmung kann uns Frauen umfassende Zufriedenheit und dauerhaftes Glück bescheren.
Die Tabuisierung der eigenen Männlichkeit – männliche Rituale und selbst harmlose männliche Macken eingeschlossen – lässt in Männern das Gefühl entstehen, sie seien grundsätzlich Versager. Sie zweifeln an sich und sie zweifeln noch mehr daran, die Widersprüche auch noch innerhalb einer Familie zu ertragen. Auch der Mann braucht Freiheit – nicht nur die Frauen, die Emanzipation als nahezu grenzenlose persönliche Freiheit verstehen.
Nicht immer fällt die Krise der Männer so deutlich ins Auge wie beim Schulversagen der Jungen. Manchmal sind es nur Abweichungen, die eine Menge über den Einfluss männerfeindlicher Ideologien aus den Anfängen des Feminismus erzählen können Dazu gehört beispielsweise das Phänomen der »ewigen Jungen«, mithin jener Männer, die sich weigern, erwachsen zu werden. Sie wollen Spaß statt Verantwortung, nach dem Motto: »Ich will doch nur spielen!« Denn diese Männer wissen, dass es richtig anstrengend ist, wenn es mal ernst wird mit einer Frau.
Nach dem Ende einer Talksendung, zu der ich eingeladen war, saßen wir im Anschluss mit mehreren Gästen in gemütlicher Runde zusammen. Schnell kam die Rede auf den Cicero-Artikel, und ein Journalist wollte von mir wissen, welche Rolle denn neben Emanzipation und weiblicher Selbstverwirklichung die Männer eigentlich spielten. Haben sich die Frauen verändert wegen der Männer? Oder verändern sich die Männer wegen des veränderten Verhaltens der Frauen? Vermissen die Männer das Weibliche oder sind sie mit der Vermännlichung der Frau einverstanden? Das waren die Fragen, mit denen er mich bestürmte.
An dem bereits erwähnten Abend, an dem ich mit anderen Fernsehgästen über Männer und Frauen diskutierte, nahm mich zu vorgerückter Stunde ein junger Schauspieler zur Seite, ein typischer Vertreter der Turnschuhgeneration, Mitte dreißig, lässig, attraktiv. »Ich muss unbedingt mit Ihnen über die Männerrolle sprechen«, sagte er. »Seit zwei Stunden höre ich nun Ihrer Diskussion zu, und das alles wühlt mich ungeheuer auf. Ich habe das Gefühl, dass ich nach langen Jahren der Verzweiflung endlich der Lösung meines Lebensproblems näherkomme.«
Und wie sieht diese Freiheit dann aus? Es ist kein Geheimnis, dass wir längst auf dem Weg in eine Singlekultur sind. Sehen wir uns die Zahlen an: Das Statistische Bundesamt veröffentlichte 2006 eine Statistik, der zufolge jeder fünfte Einwohner Deutschlands allein lebt, insgesamt sind es 8,7 Millionen Frauen und 7,1 Millionen Männer. 46 Prozent der Frauen sind verwitwet, was bedeutet, dass 54 Prozent, also mehr als die Hälfte der allein lebenden Frauen, ledig oder, geschieden ist oder in Beziehungen ohne gemeinsame Wohnung lebt. Ob sie gern allein leben? Ob sie etwas vermissen?
Heute werden in Deutschland täglich über 1000 Abtreibungen vorgenommen. Wenige Frauen ahnen, worauf sie sich einlassen, wenn sie das Risiko einer Schwangerschaft mit dem Bewusstsein eingehen, dass man »es« ja »wegmachen« lassen kann. Sie lassen sich blenden von Begriffen wie Selbstbestimmung und Entscheidungsfreiheit, die der Feminismus ihnen bescherte.
Das erregte Unterscheiden zwischen einem »Ihr« und einem »Wir« in der Emanzipations-Debatte ließ mich nicht los. Mittlerweile scheint mir dieses »Wir« der frauenbewegten Kämpferinnen recht anmaßend. Denn es bezieht sich letztlich auf eine kleine Gruppe, die beansprucht, für alle anderen Frauen Entscheidungen treffen und zwischen richtig und falsch zu unterscheiden zu können. Und es beschleicht mich das Gefühl, dass die Aggressivität, mit der diese kleine Gruppe den Nicht-Feministinnen oder »ganz normalen Frauen« begegnet, aus einer tiefen Lebensenttäuschung gespeist wird.
Wie stark diese Thesen der Feministinnen in das Leben vieler Frauen eingriffen, wurde mir bewusst, als ich vor einiger Zeit Birgit traf. Als ich sie kennen lernte, war sie Anfang zwanzig gewesen und ich vielleicht zwölf oder dreizehn. Es war auf der Geburtstagsfeier meiner Freundin Conny, gerade wurden die Kerzen auf der Geburtstagstorte angezündet, als Birgit damals hereingeschneit kam, Connys Cousine aus Frankfurt. Birgit mit der lila Latzhose und den frechen Sprüchen. Feuerrot leuchteten ihre Haare, und statt artig »Guten Tag« zu sagen, warf sie sich breitbeinig auf einen leeren Stuhl und sagte: »Was’n das für eine müde Party hier?«